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Vertragskündigung mit PORR

Montierung Kopfbolzendübel

Vertragskündigung mit PORR

Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (kurz Straßen.NRW) erklärte Ende April 2020 die Kündigung des Vertrages mit dem Bauunternehmen PORR für den Neubau der Rheinbrücke bei Leverkusen aus wichtigem Grund. Nach Ansicht der von Straßen.NRW beauftragten Gutachter gab es gravierende Mängel bei der Verarbeitung der Stahlbausegmente. Unter anderem deshalb und aufgrund weiterer Differenzen war nach Auffassung von Straßen.NRW ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar. Im Folgenden haben wir die Hintergründe zur Vertragskündigung und zur Neuausschreibung des Bauprojekts für Sie zusammengestellt.

Rund um den Baustopp: Rückblick und Ausblick

Herbst 2017

Im Herbst 2017 erhält PORR den Zuschlag für den Bau der neuen Leverkusener Rheinbrücke. Die Rheinbrücke ist der wichtigste Teilabschnitt des Gesamtprojekts „8-streifiger Ausbau der A1 zwischen Köln-Niehl und Leverkusen-West“. Nach dem Spatenstich im Dezember beginnen auf beiden Seiten des Rheins die Bauarbeiten.

Winter 2018/2019

PORR lässt den Stahl und die daraus gefertigten Stahlbau-Brückensegmente für die Rheinbrücke in China herstellen. Bereits mit den ersten Berichten der Fertigungsüberwachung vor Ort wird Straßen.NRW mitgeteilt, dass die Fertigung der Stahlbausegmente aus Sicht der Fertigungsüberwachung vor Ort mangelhaft sei. Es finden mehrere Spitzengespräche zwischen Straßen.NRW und PORR statt. Nach Auffassung von Straßen.NRW tritt im Hinblick auf die Stahlbaufertigung aber keine Besserung ein.

Herbst 2019

Ein weiterer von Straßen.NRW beauftragter Sachverständiger bestätigt erneut die Mängel in einem Gutachten. Überwachungsprotokolle zeigen die unverändert gravierenden Mängel. Fast zeitgleich werden die ersten Bauteile nach Rotterdam verschifft. Straßen.NRW stimmt der Lieferung nur unter Vorbehalt zu, vereinbart eine zusätzliche vertiefte Untersuchung in Rotterdam und droht erstmals förmlich die Vertragskündigung an.
 

Winter 2019/2020

Die Untersuchungen in Rotterdam belegen aus der Sicht von Straßen.NRW und eines hinzugezogenen Sachverständigen die Erkenntnisse der Überwachung in China. Die Brückensegmente seien erheblich mangelbehaftet. Straßen.NRW fordert daher die Neuherstellung aller bislang gebauten Brückensegmente und droht erneut die Kündigung des Vertrages an.

April 2020

PORR weigert sich, die geforderte vollständige Neuherstellung umzusetzen. Auch deshalb kündigt Straßen.NRW nach monatelanger Auseinandersetzung den Bauvertrag. Nur wenige Tage später wird der Bauauftrag neu ausgeschrieben.

Januar 2021

Die nun zuständige Autobahn GmbH hat das Ausschreibungsverfahren für den Weiterbau der Rheinbrücke Leverkusen übernommen. Eine Bietergemeinschaft um die Unternehmen SEH Engineering, Hochtief und Max Bögl erhält den Zuschlag und beginnt umgehend mit den Vorbereitungen für den Weiterbau.

März 2021

An der Baustelle der Rheinbrücke Leverkusen geht es nun sichtbar weiter. Den neu beauftragten Bauunternehmen wird Mitte des Monats das Baufeld übergeben, die Arbeiten werden fortgesetzt.

Das waren die Beanstandungen an den Stahlbauteilen

Untersuchungen mehrerer von Straßen.NRW beauftragter Gutachter dokumentieren, dass die in China gefertigten Stahlbausegmente für die neue Leverkusener Rheinbrücken erhebliche Mängel aufweisen. Die Gutachter ziehen daher den Schluss, dass die Brückensegmente damit weder den deutschen Normen, noch den vertraglichen Vereinbarungen entsprechen.

Bild von der Arbeitsprüfung der Kopfbolzen

Die von Gutachtern beanstandeten Mängel im Einzelnen:

  • Kopfbolzendübel: Diese verbinden die Stahlelemente der Brücke mit dem Beton der Fahrbahn. Ca. 3.000 Bolzen sind pro Bauteil im Deckblech der Stahlbrücke verschweißt und ragen wie große Nägel oben heraus. Die Kopfbolzen werden mit Schweißautomaten aufgebracht. Bei Prüfungen in China wurden die eingesetzten Schweißautomaten selbst sowie deren Einsatz als fehlerhaft bzw. nicht fachgerecht moniert, ebenso die für eine qualitätsgesicherte Fertigung erforderlichen Randbedingungen. Die Folge: 30 bis 60 Prozent der Bolzen entsprachen laut dem von Straßen.NRW hinzugezogenen Sachverständigen nicht der erforderlichen Qualität.
  • Montagehilfen: Bei der Fertigung der Stahlsegmente wurden Montagehilfen angebracht. Das ist nach Auffassung von Straßen.NRW nur in Ausnahmefällen erlaubt – und auch nur dann, wenn alle Vorgaben eingehalten werden. Nach Auffassung von Straßen.NRW war das allerdings nicht der Fall, sodass das Grundmaterial beschädigt wurde.
  • Fehlstellen: An den Oberflächen der fertigen Segmente gab es eine Vielzahl von Fehlstellen, zum Beispiel Einprägungen, Beulen, Poren und Schleifspuren.
  • Schweißnähte: Schweißnähte wurden nach Ansicht des von Straßen.NRW hinzugezogenen Sachverständigen nicht ordnungsgemäß ausgeführt, es gab Einschlüsse und Risse.
Bild von unplanmäßigen Hilfsschweißungen

Warum gelangte Straßen.NRW zu dem Schluss, dass die dokumentierten Umstände nun nicht mehr behoben werden können?

Die nach Auffassung von Straßen.NRW fehlerhafte Verarbeitung erfolgte schon früh während des Herstellungsprozesses der Segmente. Bei der Überprüfung waren einige Teile bereits verschlossen. Die Einschlüsse und Risse in den Schweißnähten wurden bei Röntgen- und Ultraschallprüfungen festgestellt. Zum Teil waren die betroffenen Stellen nicht mehr zugänglich.

Der von Straßen.NRW hinzugezogenen Sachverständige erachtete wegen der Vielzahl der vorhandenen systematischen Mängel eine Reparatur als nicht sinnvoll möglich. In der Summe müsse man nach seiner Einschätzung davon ausgehen, dass die Vielzahl der Mängel die Langlebigkeit der neuen Brücke stark verringert hätte.

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